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Interview: Robby Krieger

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When the Music is over, turn out the light – Zwei Urgesteine der 60er melden sich zurück und knipsen das Licht noch mal an: Robby Krieger und Ray Manzarek, Gitarrist und Organist der legendären Doors gehen auf Welttournee, die sie für zwei Konzerte im Juli auch nach Deutschland führt. 2006 waren die beiden mit Ex-Cult-Frontman Ian Astbury als Riders on the Storm unterwegs. Diesmal firmieren Ray und Robby wieder unter The Doors und präsentieren ein Best of Programm. Vorab verrät Robby Krieger wie es zur Reunion kam, was er von Tribute Bands hält und wie er über die Entwicklung der Musikindustrie denkt.

Robby Krieger und Ray Manzarek

Foto: Handwerker Promotion

Wie fühlt es sich an, wieder mit den Doors-Songs auf der Bühne zu stehen?

„Großartig! Es ist eine Ewigkeit her, dass ich mit Ray zusammengearbeitet habe.“

Außer Ray und Ihnen, sind ein anderer Drummer und ein Bassist mit an Bord.

„Stimmt. John Densmore wollte nicht mit uns auftreten. Deshalb haben wir Ty Dennis gefragt, der in meiner Band Schlagzeug spielt. Er kennt die Doors-Songs. Unser Bassist kommt aus Jamaika, ein echter Reggae-Typ. Er ist ein Experte, wenn es um die Musik von Motown geht. In alten Zeiten hat Ray den Bass mit seiner linken Hand übernommen. Aber darauf hatte er keine Lust mehr.“ (lacht)

Hat sich etwas bei den Arrangements der Songs verändert?

„Nein, wie spielen sie wie damals. Der einzige Unterschied ist, dass Ray seine linke Hand nun voll am Piano einsetzen kann, was früher wegen der Basslines nicht möglich war. Rays Art den Bass zu spielen hatte natürlich schon einen Effekt auf den typischen Doors-Sound. Seine linke Hand war eine Art Autopilot. Er durfte darüber gar nicht weiter nachdenken, sonst hätte er Probleme mit der rechten Hand bekommen, die allein für den Orgelsound zuständig war. Völlig klar, dass diese besondere Art den Bass einzusetzen ziemlich spezifisch war. Hätten wir damals einen Bassisten in der Band gehabt, hätten wir sicher ganz anders geklungen. Ob das nun besser oder schlechter gewesen wäre, kann ich nicht beurteilen. Aber rückblickend würde ich das nicht ändern wollen.“

Sie sind 2006 mit dem Ex-Cult Frontmann Ian Astbury als Riders on the Storm auf Tour gegangen. Wie sind Sie auf ihn als Sänger gekommen?

„Ian war schon als Teenager ein großer Fan der Doors. Er war mit Danny Sugerman befreundet. Danny war Co-Autor des Buchs No one here get’s out alive und zeitweise unser Manager. Unglücklicherweise ist er vor zwei Jahren an Lungenkrebs gestorben. Danny stellte uns Ian vor. Wir traten zusammen bei der TV-Show Storytellers für den Musik-Sender VH-1 auf. Er machte seinen Job großartig.“

Sie sind nicht nur mit Ian aufgetreten, sondern baten schon die Leadsänger von Pearl Jam und Creed auf die Bühne für ein Konzert. Wie kam es zu der Entscheidung, Ian als festen Sänger in die Band zu holen?

„Kennen Sie die Musik von The Cult? Die waren sehr von Jim Morrisons beeinflusst. Für Ian ist damit wohl ein Traum in Erfüllung gegangen. Für ihn ist es perfekt und für uns war es die beste Entscheidung.“

John Densmore fand die Idee, dass Sie 2006 als The Doors erneut auf Konzerttour gehen wohl nicht angebracht. Er setzte durch, dass Sie sich nicht The Doors of the 21. Century nennen dürfen. Wie kamen Sie auf Riders on the Storm als Bandnamen?

„Riders on the Storm war der letzte Song, den Jim live gespielt hat als wir damals in New Orleans auftraten. Danach ging er nach Paris. Es war auch der letzte Song, den wir gemeinsam für das L. A. Woman Album aufnahmen. Aus diesen Gründen erschien es uns als gute Wahl für den Neustart. Wir hätten uns natürlich auch The Windows nennen können (lacht).“

Oder People are strange.

„Das wäre eine Alternative gewesen (lacht).“

Warum haben Sie sich damals für eine Reunion entschieden? Sie könnten doch wunderbar vom Mythos leben.

„Das ist eine berechtigte Frage. Der Grund für uns war, dass die Leute uns sehen wollen. Wann immer ich mit meiner eigenen Band auf Tour ging, kamen Fans zu mir und fragten, wann Ray, John und ich endlich wieder gemeinsam auf der Bühne stehen würden. Wir trafen die Entscheidung allein für unsere Fans und ich kann nur sagen, wer uns nicht sehen will, der muss ja nicht zu den Konzerten kommen.“

Wie reagieren die Fans auf die alten/neuen Doors, besonders diejenigen, die Jim Morrison noch erlebt haben?

„Bislang hat sich noch keiner beschwert. Es kam aber auch keiner, der gesagt hätte, wir seien besser als früher. Mir scheint es so, dass jeder zufrieden ist, der uns sieht und die Leute flippen aus. Was will man mehr?“

Ihre Deutschland-Tour ist ziemlich kurz dafür, dass die Fans so heiß drauf sind, die alten Haudegen endlich mal (wieder) live zu erleben. Sie haben nur zwei Konzerte geplant …

„Ich weiß auch nicht, warum. Aber wir werden sicher bald möglichst noch mal kommen. Wenn es gut läuft, vielleicht gibt es ja noch Zusatztermine. Ich hoffe, die Fans wollen mehr.“

Wird es irgendwann doch noch eine Reunion mit John Densmore geben?

„Es gibt immer eine Chance. Wir wollen nach wie vor mit ihm wieder auf der Bühne stehen. Aber er will es einfach nicht und man kann niemanden zwingen. Ich wünschte, er wüsste, wie sehr die Fans uns drei wieder zusammen sehen möchten. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was in ihm vorgeht. Immerhin macht er ja nach wie vor Musik. Jazz in seiner eigenen Band.“

Wie aktuell sind die Doors Songs heute?

„Ich denke, sie thematisieren Dinge, die heute wieder oder immer noch aktuell sind. Wir haben damals versucht über universelle Themen zu schreiben. Dinge, die auch 30 Jahre später noch relevant sein würden. Und das hat sich bewahrheitet.“

Sie sind über 45 Jahre im Musikgeschäft. Was waren die gravierendsten Veränderungen?

„Positiv oder negativ? Es gibt nicht gerade viele positive Entwicklungen. Ich denke, das größte Problem ist, dass es ein zu ausuferndes Business geworden ist. Anfangs ging es nur um Musik und um Kunst. Inzwischen ist es nur noch big Business und das Geld bestimmt die Regeln. Die Bands heutzutage haben einfach ihre Kraft verloren und sie haben den Plattenfirmen nichts mehr entgegen zu setzen. Die Major-Label haben die Macht Bands zu machen und zu zerstören. Sie signen nur die Bands, die ihnen Erfolg versprechend erscheinen. Die Musik muss ein Hit werden, sonst gibt es keinen Vertrag. Da werden gleich mehrere Gruppen, die einen ähnlichen Sound haben ausprobiert und gefeuert, wenn sie nicht den gewünschten Erfolg bringen. Die nehmen sich einfach nicht mehr die Zeit, einen Künstler aufzubauen.

Ein anderes Problem sehe ich im Einsatz von Computern. Das suggeriert, jeder könnte eine Platte aufnehmen. Mit dem richtigen Programm, kann jeder Musik machen. Doch genau das nimmt die Kunst aus der Musik. Die Leute machen sich heute nicht mehr die Mühe ein Instrument zu lernen, an ihrer Musik zu wachsen. Die Technologie kann großartig sein, aber man muss vorsichtig mit ihr umgehen, sonst zerstört sie die Kunst.“

In den letzten Jahren – vor allem nachdem der Doors-Film in die Kinos kam – schossen Tribute-Bands wie die Pilze aus dem Boden. Was halten Sie von dieser Entwicklung?

„(lacht) Ich nehme es erst mal als Kompliment. Aber ganz offensichtlich kann kein Tribute so gut sein wie das Original. Das war ein Grund, warum wir wieder auf Tour wollten, schließlich sind wir das Original.“

Sie sind vor ein paar Jahren zusammen mit The Soft Parade – einer Tribute-Band aus New York – in Paris aufgetreten. War es nicht seltsam, mit einem Klon auf der Bühne zu stehen?

„Ach ja, die Soft Parade. Es hat Spaß gemacht. Hm – ehrlich gesagt, es war natürlich nicht zu vergleichen mit den Doors. Tatsächlich kam ich mir ziemlich blöd vor. Da war ein Typ, der war so angezogen wie ich damals (lacht), er hatte so einen Bart, wie ich ihn hatte. Der war wie eine Parodie auf mich. Wissen Sie, ich sehe es so, wenn es Tribute-Bands von deiner Gruppe gibt, dann bedeutet das, wir haben einen sehr langen Weg zurückgelegt. Was mir allerdings sehr zu denken gibt ist die Tatsache, dass es Leute gibt, die zu diesen Konzerten gehen und glauben, sie wüssten nun, wie die Doors waren. Aber das stimmt einfach nicht. Diese Bands sind so weit von uns entfernt, wie die Erde vom Mond.“

Was ist denn der größte Unterschied zwischen Bands wie The Soft Parade und dem, was Sie beispielsweise mit den Riders gemacht haben?

„Die eine wird immer die Kopie bleiben, während die andere das Original ist. Eine Kopie, bleibt immer eine Kopie, ganz gleich, was diese Bands von sich behaupten. Ihre Musik kommt nicht von Herzen.“

Sind Sie es nicht manchmal leid, dass die Leute immer nur nach der guten alten Zeit mit Jim fragen und sich nicht dafür interessieren, was Sie heute machen?

„Ganz ehrlich? Wenn du es einmal im Leben geschafft hast, dann wirst du immer daran gemessen. Ich habe sieben oder acht Soloalben aufgenommen und keiner interessiert sich dafür. Die wollen immer nur Geschichten über die Doors hören. Das macht mich oft stinksauer. Aber dann muss ich mir eingestehen, dass viele froh wären, wenn sie je so weit kämen wie wir damals. Nur wenige schaffen es zweimal. Paul McCartney ist so einer. Der hat es gepackt. Trotzdem will jeder von ihm die Beatles-Songs hören. Davon kommst du nicht los und im Grunde ist ja nichts Falsches daran. Ich meine, hey – du kannst heute noch die Duke Ellington Band erleben, obwohl Duke schon 30 Jahre tot ist. Bei den Doors ist es wohl ähnlich. Also kann ich nur sagen, kommt vorbei uns seht euch die Show an. (lacht).“

Es gibt unzählige Doors-Biografien – einschließlich die Ihrer Kollegen und Ihres ehemaligen Managers. Lesen Sie, was die Leute über Sie schreiben und werden wir irgendwann auch Robbies Version zu lesen bekommen?

„Ich habe ein oder zwei davon gelesen. Es gibt keinen Grund für mich all diese Bücher zu lesen. Ich war schließlich dabei und ich weiß wie es war. Die meisten Autoren bedienen sich von Informationen aus zweiter Hand. Ich versuche mir nicht allzu viele Gedanken über diese Bücher zu machen und ich plane auch keine eigene Biografie.“

Ein Wunder eigentlich, dass nicht auch Jims Geschwister ihre Version veröffentlichen. Janis Joplins Schwester hat eine Biografie über sie veröffentlicht und damit die Lücke in all den anderen Bios geschlossen, die über Janis Kindheit und Jugend nicht viel sagen konnten.

„Wenn Sie Jims Geschwister kennen würden, dann würden Sie sich nicht wundern (lacht) Entschuldigen Sie, ich wollte nicht so offen sein. Nein – das war ein Scherz (lacht). Ich denke, dass besonders Jims Eltern im Grunde wünschen, dass die Sache endlich ein Ende findet. Sie mögen die ganze Publicity um ihren Sohn nicht. Ich nehme mal an, das wird Jims Geschwister auch davon abhalten über ihn ein Buch zu schreiben.“

Natürlich kommen wir nicht drum herum ein paar Worte über Oliver Stones Film The Doors zu verlieren …

„Okay. Ich mochte den Film. Tatsächlich habe ich als Berater mitgewirkt. Es war interessant und irgendwie hat es auch Spaß gemacht einen Film zu drehen. Alles in allem ist es ein guter Spielfilm geworden, der es mit den Tatsachen eben nicht so genau genommen hat. Aus meiner Sicht hat Val Kilmer (Anmerkung: Kilmer spielt die Rolle von Jim Morrison) seine Sache gut gemacht. Er hat es geschafft Jims Persönlichkeit rüberzubringen. Was mich etwas gestört hat war, dass man nichts über die nette Seite von Jim erfahren hat. Oliver Stone hat ihn ständig betrunken dargestellt. Wir alle wissen, diese Momente gab es. Aber eben nicht ständig. Die Musikszenen waren das Beste am Film. Es war meine Aufgabe darauf zu achten, dass die Konzertszenen so korrekt wie nur möglich waren. Und die kommen dem, was wir damals erlebten, recht nahe. Val Kilmer hat das meiste selbst gesungen und das war schon sehr gut.“

Sie haben vorhin Ihren Sohn erwähnt. Der hat vor einer Weile eine CD mit einem gewissen Cliff Morrison aufgenommen, der behauptet Jims Sohn zu sein.

„(lacht) Oh, erinnern Sie mich nicht daran. Das war ein Deal für nur eine CD. Cliff Morrison ist ein Fake! Er hat meinen Sohn verarscht. Der hat ihm geglaubt. Ich sagte damals zu Cliff, wenn du wirklich Jims Sohn bist, dass solltest du einen DNA-Test machen, um alle Zweifel auszuräumen. Da bekam er plötzlich Muffensausen. Ich glaube, der Typ sitzt inzwischen im Knast. Er hat irgendwen gekidnappt oder so.“

Wahrscheinlich jemanden, der seine wahre Identität verraten wollte.

„(lacht) Schon möglich. In jedem Fall ein unangenehmer Mensch.“

Ich danke Ihnen für das Gespräch.

Claudia Hötzendorfer

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